Das ultimative Phänomen im Kosmos: Schwarze Löcher, Teil 1

Das ultimative Phänomen im Kosmos: Schwarze Löcher, Teil 1

 

 

In vorherigen blogposts haben wir erfahren wie die Materie und auf sie bzw. durch sie wirkende Kräfte im Universum entstanden. Es war eine hochkomplexe Serie von Ereignissen, die unter bislang unvorstellbaren Bedingungen ineinander griffen. Stichworte sind: „Kosmische Inflation“ (https://cosmoblog.space/die-kosmische-inflation-teil-2) „Der sog. heisse Urknall“  (https://cosmoblog.space/der-sog-heisse-urknall) „Das Ausfrieren der vier fundamentalen Kräfte des Universums“ (https://cosmoblog.space/das-ausfrieren-der-vier-fundamentalen-kraefte-des-universums-teil-1).  Die unvostellbaren Bedingungen waren die Zeiträume in und die Temperaturen bei denen dies alles ablief: Zeiträume um 10>-35 Sekunden bei Temperaturen um 10>30 Kelvin.Teilchen und Kräfte froren sukzessive aus einem superheissen Plasma, in dem noch keineTeilchen und Kräfte existieren konnten, aus. Dieses „Ausfrieren“ wurde durch die Expansion des abkühlenden Universums möglich, ausgelöst durch die kosmische Inflation. Die Einzelheiten dieser Vorgänge können natürlich in den oben zitierten blogposts in Ruhe nochmals nachgelesen werden.

 Tod der Sterne über die Zwischenstufen Weisser, Roter und Schwarzer Zwerg

Materie entstand nicht nur, sie verändert sich auch durch Umwandlung in vielfältigster Weise und scheint unter bestimmten Umständen sogar wieder zu vergehen. Strukturen im Universum sind, obwohl es für uns nicht so scheint, nicht für die Ewigkeit gemacht. Die augenfälligsten Srukturen, sind Sterne und Sternhaufen, Galaxien und Galaxienhaufen, aber auch ungeheure Massen aus freien Gasen und heissem Plasma zwischen ihnen, nicht zu vergessen die Halos und Strukturen Dunkler Materie. Sterne haben einen Lebenszyklus, der mit dem Ende der ihre Leuchtkraft unterhaltenden Kernverschmelzung ebenfalls ein Ende erreicht. Je nach ihrer Masse erwarten sie verschiedene Schicksale. Bei bis zu 1,4 Sonnenmassen (sog. Chandrasekar Limit) stürzen sie zu einem weissen Zwerg zusammen. Ganz allgemein kommt es nach dem Ende der Kernverschmelzung immer zu einem Zusammensturz des Sterns, da er der ungeheuren Gravitation seiner Masse durch Verlust des sie kompensierenden Strahlungsdrucks nichts mehr entgegensetzen kann. Weisse Zwerge besitzen eine gewaltige Dichte und sind enorm heisse Körper, die durchaus auch als „Sonne“ für sie umkreisende Planeten fungieren können. Sie strahlen enorm viel thermische Energie ab und kühlen daher kontinuierlich über astronomische Zeiträume ab. Dabei erreichen sie die Zwischenstufe des Roten Zwergs, der immer noch heiss genug ist, um als „Sonne“ fungieren zu können. Schliesslich erreichen sie das Endstadium des Schwarzen Zwergs, in dem sie als kalte Sternleiche verharren müssen. Das Universum ist übersät mit schwarzen Zwergen. Materie geht bei diesen Vorgängen nicht verloren. Ein Teil von ihr wird in Energie umgewandelt (E=mc2!) und abgestrahlt.  Die in den schwarzen Zwergen enthaltene Materie ist allerdings, zumindest nach heutigem Wissen, dem Universum als Baustein entzogen. Galaxien bestehen aus unzähligen Sternen und Galaxienhaufen aus tausenden bis Millionen Galaxien. Da das Universum, wie wir gesehen haben, sich z.Z. beschleunigt ausdehnt     (https://cosmoblog.space/dunkle-energie-teil-1-entdeckung-bedeutung-konsequenzen/), entfernen sich über die Äonen alle Komponenten von einander. Das Universum scheint sich dadurch zu leeren, dass es kontinuierlich an Raum zunimmt. Am Materiegehalt des Kosmos ändert sich auch dadurch nichts.

                 Vom Weissen Zwerg zur Supernova und Neutronenstern

Zurück zu den Hauptkomponenten, den Sternen. Enthalten sie mehr als 1,4 Sonnenmassen, nimmt ihr Erlöschen einen anderen Verlauf. Nach dem Verbrauch ihres Kernbrennstoffs stürzen sie unter der eigenen, riesigen Gravitation in Sekundenschnelle über den Zustand eines Weissen Zwerges hinaus, zusammen. Vorher haben sie über Jahrhunderttausende bereits grosse Teile ihrer äusseren Hülle abgestossen. Sie erreichen eine wesentliche grössere Kompression und Dichte als die Weissen Zwerge. Der Gravitationsdruck reicht aus, die Elektronen mit den Protonen in den Atomkernen zu verschmelzen. Es entsteht sozusagen ein gigantischer Atomkern, der nur noch aus Neutronen besteht. Diese sind extrem dicht gepackt. Damit ist die ursprüngliche Struktur des Atoms zusammengebrochen. Die Dichte dieser neuen Materie gleicht der eines Atomkerns. Es ist ein Neutronenstern entstanden.

Das ist nicht die einzige Besonderheit. Die Entstehung eines Neutronensterns aus einem massereichen großen Stern verläuft nicht so kontinuierlich und »ruhig« wie die eines Weißen Zwerges. Es bedarf einer gigantischen Initialzündung unvorstellbarer Energie. Der Stern explodiert, nachdem er seine äußere Hülle über Hunderttausende von Jahren in den Weltraum abgestossen hat, in einer Supernova-Explosion, deren Helligkeit für eine kurze Zeit die seiner gesamten Heimatgalaxie überstrahlen kann.

Die Supernova-»Explosion« ist das, was wir aufgrund ihrer Helligkeit wahrnehmen. Tatsächlich aber ist das Zusammenstürzen des inneren Kerns, nämlich aller Protonen und Elektronen zu Neutronen, eher als Implosion zu bezeichnen. Die bei der Verschmelzung von Protonen und Elektronen zu Neutronen frei werdende Hitze wird zu einem großen Teil durch die dabei entstehenden Neutrinos abtransportiert. Da diese Neutrinos wegen ihrer minimalen Wechselwirkung mit Materie die explodierende Supernova sehr schnell verlassen können – im Gegensatz zu Photonen, die stark mit freien Elektronen und anderer Materie wechselwirken –, kommen sie Tage vor den Photonen bei uns an. Der Kollaps des Kerns am Beginn der Supernova-Kaskade führt zu einer nach innen gerichteten Schockwelle (Implosion), bei der es zu einer hohen weiteren Verdichtung des Kerns kommt. Die Dichte wird dabei so groß, dass die Schockwelle am Kern reflektiert und damit umgekehrt wird. 99 Prozent der frei gewordenen Energie wird durch einen gewaltigen Neutrinostrom nach außen transportiert, wobei die äußeren Schichten enorm aufgeheizt werden. Es kommt zu einer gigantischen Explosion – der eigentlichen, beobachtbaren Supernova. Die Explosion reißt die ganze verbliebene äußere Hülle auseinander und beschleunigt sie dabei bis zu Geschwindigkeiten, die einen erheblichen Prozentsatz der Lichtgeschwindigkeit erreichen können.

Dies hat einen weiteren beobachtbaren Nebeneffekt zur Folge: Die Explosionswelle holt die Hunderttausende Jahre früher abgestossene äusserste Hülle ein. Der Aufprall führt zur Freisetzung weiterer Energie in Form elektromagnetischer Strahlung. Wir beobachten ein plötzliches Aufleuchten in entsprechend großer Entfernung vom entstandenen Neutronenstern, typischerweise einige Jahre bis Jahrzehnte nach dem Supernova-Ereignis und meist in Ringform. Vor allem im Röntgenbereich ist dies gut zu beobachten. Schliesslich übrig bleibt der gebildete Neutronenstern. Ein grosser Teil der Masse des explodierten Riesensterns ist als Energie abgestrahlt worden und zwar über den gesamten elekromagnetischen Strahlungsbreich. Auch hier ist Materie nur umgewandelt, aber nicht vernichtet worden.

Über die Supernova zum Schwarzen Loch

Grundsätzlich bricht die Kernverschmelzungsreaktion, die einen Stern stabil und heiss hält dann ab, wenn sie das Eisen erreicht. Sie beginnt ja mit der Verschmelzung von Wasserstoff zu Helium, dann von Helium zu Kohlenstoff und weiter über Sauerstoff bis zu Eisen. Während diese Kern -Verschmelzungsvorgänge enorme Energien freisetzen (sog. exotherme Reaktionen) würde die Verschmelzung von Eisenkernen erhebliche Energie benötigen (sog. endotherme Reaktionen). Daher der abrupte Abbruch. Somit enthalten alle Sterne am Beginn ihres „Erlöschens“ einen Eisenkern. Hat der Eisenkern einer Prae-Supernova eine Masse von mehr als drei Sonnenmassen (neuere Forschungen gehen von nur zirka 1,8 Sonnenmassen aus), so stürzt er  noch weiter zusammen – ein Vorgang, der sich jeder Vorstellung und auch physikalischer Beschreibung entzieht. Der Kern kollabiert dabei weiter und weiter – weit über das Stadium eines Neutronensterns hinaus, wobei seine Gravitation buchstäblich ins Unermessliche (Unmessbare) steigt – es entsteht ein Schwarzes Loch. Der Name ist Programm, denn Schwarze Löcher kann man nicht sehen. Der Grund hierfür ist, dass die Gravitation so hoch ist, dass auch Licht sowie elektromagnetische Strahlung allgemein ihr nicht mehr entkommen kann. Das heißt, dass die Fluchtgeschwindigkeit eines Schwarzen Loches größer ist als die Lichtgeschwindigkeit, die ja nach Einstein nicht überschritten werden kann: Die Photonen werden in eine Kreisbahn um das Schwarze Loch gezwungen.

Diese Kreisbahn bezeichnet man als Ereignishorizont, und er hängt natürlich von der Masse des Schwarzen Lochs ab. Je größer diese ist, umso größer ist auch er. Jede umgebende Materie bis zu einer bestimmten Entfernung außerhalb des Ereignishorizonts (ISCO, s. unten) stürzt spiralförmig in das Schwarze Loch. Da sie sich dabei extrem erhitzt, strahlt sie große Mengen elektromagnetischer Energie – vorwiegend im Röntgenbereich – ab. Diese ist für uns messbar, solange sie sich außerhalb des Ereignishorizonts befindet.

Die Temperatur dieser Strahlung sowie die Geschwindigkeit mit der die sie aussendende Materie das Schwarze Loch umkreist, bevor sie spiralförmig hineinstürzt, verrät uns viel über das Schwarze Loch, seine Masse und Ausdehnung. Andere Größen wie die des Ereignishorizonts lassen sich hieraus ableiten. Unter ISCO (innermost stable circular orbit, also der innerste stabile kreisförmige Orbit) versteht man den minimalen Abstand, in dem Materie gerade noch das Schwarze Loch umkreisen kann, ohne hineinzufallen. Er ist nicht mit dem Ereignishorizont identisch, sondern liegt außerhalb desselben. Materie, die sich zwischen ISCO und Ereignishorizont bewegt, stürzt irgendwann in das Schwarze Loch, unabhängig von ihrer Umkreisungsgeschwindigkeit.

Im nächsten blogpost werden wir uns mit den erstaunlichen Eigenschaften von Schwarzen Löchern beschäftigen.

 

 

Headerbild: Spinnenetzstruktur des Universums; Würfel mit Kantenlänge 1 Milliarde Lichtjahre; Bolshoi Simulation. Credit: NASA, ESA and E. Hallman, University of Colorado; Boulder

 Beitragsbild: Schwarzes Loch mit Akkretionbsscheibe. Credit: Weltraumwissen; Überraschende Fakten über schwarze Löcher, GEO. www.geo.de

Verantwortlich: Peter H. Jacobi (Autor von „Cosmoblog. Kosmologie: Über die Grundlagen zur Spitzenforschung von heute und morgen“; K.Fischer Verlag, September 2017)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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