Dunkle Materie, Teil1: Entdeckung und Eigenschaften

Dunkle Materie, Teil1: Entdeckung und Eigenschaften

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Wenige kosmologische Themen haben die Phantasie mehr angeregt als die geheimnisvolle Dunkle Materie (und Dunkle Energie – darüber später mehr). Ihre Existenz wurde inzwischen zweifelsfrei nachgewiesen. Dies ist insbesonders den beiden letzten Satelliten zur Erforschung des kosmischen Mikrowellenhintergrundes zu verdanken. Es sind der WMAP-Satellit der NASA (Wilkinson Microwave Anisotropy Probe) und der Planck-Satellit der ESA, die beide jahrelang den Mikrowellenhintergrund kartiert und vermessen haben (dieser wird später in einem eigenen post behandelt). Dies führte zu spektakulären Ergebnissen zu unserem Universum, u.a. zum genauen Alter (13,799 Milliarden Jahre) sowie zu einer ebenso genauen Aussage über die Verteilung von Materie und Energie im Weltraum:

Bekannte, “normale” Materie (genannt fermionische oder baryonische Materie):  4,9%

Dunkle Materie (nach wie vor rätselhaft): 25,9%

Dunkle Energie (noch rätselhafter): 69,2%

Dies bedeutet zunächst einmal, dass wir von 95% des Universums keine Ahnung haben. Naja, Ahnung schon, aber keinerlei Fakten zu ihrer Natur.

Weiter gibt es demnach 5,3 Mal soviel Dunkle als unsere vertraute Baryonische Materie. Wie der Name sagt, kann man dunkle Materie nicht sehen: sie sendet keinerlei elektromagnetische (em) Strahlung aus und ist somit im gesamten em-Wellenband unsichtbar. Sie kann daher auch nicht elektrisch geladen, also ionisiert sein wie normale Materie. Trotzdem kann sie mit letzterer wechselwirken und zwar über Gravitation, die beide Materiearten “fühlen”. Wäre es nicht so, es gäbe keine Sterne und Galaxien und auch uns nicht. Nur die gravitative Wechselwirkung führte auch zu ihrer Entdeckung – und zwar bereits 1933.

In diesem Jahr erblickte die Dunkle Materie  das Licht der Astronomie , als der am amerikanischen CalTech Institut forschende Schweizer Astronom und Astrophysiker Fritz Zwicky (1898–1974) im Coma Galaxiencluster eine zunächst unerklärliche Diskrepanz nachwies. Die durchschnittliche Geschwindigkeit der Galaxien im Cluster hängt von seiner Gesamtmasse ab. Aus den gemessenen Geschwindigkeiten der Einzelgalaxien bestimmte Zwicky die Gesamtmasse des Clusters. Als nächstes addierte er die Leuchtkraft aller Galaxien, die von den in ihnen enthaltenen Sternen stammt, um daraus die Gesamtmasse aller Sterne des Clusters zu bestimmen. Die beiden Ergebnisse unterschieden sich um den Faktor 10! Die aus den Galaxien-Geschwindigkeiten errechnete Masse war zehnmal größer als die über die Sternmassen bestimmte. Daraus schloss er, dass  das Cluster eine große Menge unsichtbarer Materie enthalten muss, die ebenfalls Gravitation ausübt und so die sich schnell bewegenden Galaxien daran hindert, auseinanderzufliegen. Und er prägte dafür den Namen »Dunkle Materie«. Bis in die Siebzigerjahre fand dieses Konzept wenig Beachtung. Es gab jedoch eine Reihe von Beobachtungen, die ebenfalls nur so zu erklären waren, und so näherte sich peu à peu die Idee der Akzeptanz. Der Durchbruch ist schließlich eng mit den Namen Vera Rubin und Kent Ford (aber auch anderen) verbunden.

 

Sie bestimmten die Bahngeschwindigkeiten von Sternen in verschiedenen Bereichen einer Galaxie.  Normalerweise bewegen sich die Sterne in der Scheibe einer Galaxie, nahe dem Zentrum annähernd in Kreisbahnen, und besitzen die höchste Geschwindigkeit. Diese nimmt umso weiter ab, je weiter die Sterne im Außenbereich der Galaxie liegen. Durch die Beobachtung der Orbitalgeschwindigkeit von Sternen in Abhängigkeit ihrer Entfernung vom Zentrum einer Galaxie kann so in etwa die Massenverteilung innerhalb einer Galaxie berechnet werden. Völlig überraschend fanden die beiden Forscher, dass die Sterne in den äußeren Bereichen aller untersuchten Galaxien sich ebenso schnell bewegen wie im Inneren. Die zur Verfügung stehende Gravitation der sichtbaren Masse der Galaxien war um den Faktor 10 zu klein, um die äußeren Sterne in ihren Bahnen zu halten. Die Galaxien müssten eigentlich auseinanderfliegen. Es war das gleiche Ergebnis, das Zwicky 1933 mit dem Coma Cluster erhalten hatte. Und natürlich war auch die Schlussfolgerung die gleiche: Es musste in den Außenbereichen der Galaxien enorme Mengen Dunkler Materie geben. Danach belegen Sterne nur die inneren Regionen der Galaxien, die von einem riesigen Halo Dunkler Materie umgeben sind. Damit war das Eis endgültig gebrochen, und Dunkle Materie ist bis heute eines der größten Forschungsobjekte in der Astronomie.

Dunkle Materie wurde inzwischen auch mit anderen Methoden indirekt nachgewiesen.  Dazu mehr im nächsten post.

 

Headerbild: Spinnenetzstruktur des Universums; Würfel mit Kantenlänge 1 Milliarde Lichtjahre; Bolshoi Simulation. Credit: NASA, ESA and E. Hallman, University of Colorado; Boulder

Beitragsbild: Abhängigkeit der Rotationsgeschwindigkeit der Milchstrasse vom Abstand zum Zentrum, berechnete (rot) und gemessene (blau) Werte. Credit: MPIA/SUW-Grafik (nach pro-physik.de vom 08. März 2013)

Verantwortlich: Peter H. Jacobi (Autor von „Cosmoblog. Kosmologie: Über die Grundlagen zur Spitzenforschung von heute und morgen“; K.Fischer Verlag, September 2017)

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2 Gedanken zu „Dunkle Materie, Teil1: Entdeckung und Eigenschaften

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