Dunkle Energie Teil 5: Energieerhaltungssatz gilt uneingeschränkt

Dunkle Energie Teil 5: Energieerhaltungssatz gilt uneingeschränkt

 

In Teil 4 (https://cosmoblog.space/dunkle-energie-teil-4-energieerhaltungssatz-gilt-hier-nicht/)   haben wir die Argumente dafür kennen gelernt, dass die Dunkle Energie ohne Verletzung des Energieerhaltungssatzes zunehmen kann, da dieser unter den gegebenenUmständen nicht mehr gilt.

Warum der Energieerhaltungssatz gelten muss

Für die gegenteilige Meinung, dass die Gesamtenergie des Universums und damit der Energieerhaltungssatz  unter allen denkbaren Bedingungen konstant bleibt, gibt es aber ebenso gute Begründungen. Eine haben wir oben bereits erwähnt: die gesamte Energie und Masse des Universums ist durch den „Urknall“ entstanden. Danach ist keine Änderung mehr möglich. Woher sollte sie auch kommen? Von ausserhalb des Universums? Dies wäre ein Widerspruch in sich selbst („contradictio in adiecto“), der die Definition von „Universum“ ausser Kraft setzen würde. Weiter wird von vielen Wissenschaftlern die Auffassung vertreten, dass die Gesamtenergie des Universums gleich Null ist. Dies bedeutet, dass es für jede Kraft eine Gegenkraft geben muss, bzw. dass die Summe aller Kräfte und aller Gegenkräfte und damit auch aller positiven und negativen Energien sich perfekt ausgleichen müssten, also gleich Null sind.

Die positiven Energien und Kräfte im Universum können wir benennen, z.B. die Gravitationskraft, die Strahlungs- und Massenenergie. Nach Einstein lässt sich Masse ja vollständig in Energie umwandeln (E = mc2). Entsprechend treffend hat Einstein sie daher auch als „gefrorene Energie“ bezeichnet. Was aber sind die entgegengerichteten negativen Energien und Kräfte? Schon mehrfach sind uns entsprechende Begriffe begegnet, wie negativer Druck, negative Gravitation, negative Raumkrümmung. Was hat man sich darunter vorzustellen?

Was hat es mit negativen Grössen auf sich?

In einigen Fällen können wir uns durch Alltagsvorstellungen annähern. Nehmen wir eine Metallspirale oder ein starkes Gummiband und dehnen sie bzw.es. Diese Dehnung ist das Gegenteil von Druck, man könnte also sagen, negativer Druck. Es leuchtet problemlos ein, dass für die Dehnung Arbeit verrichtet werden muss. Um Arbeit verrichten zu können, ist Energie erforderlich. Und das ist auch schon die Definition von Energie: Energie ist die Fähigkeit, Arbeit zu verrichten. Umgekehrt entspricht die verrichtete Arbeit der Energiedifferenz zwichen Anfangs-und Endzustand nach verrichteter Arbeit (W):

W =  Δ E

Das System, das Arbeit verrichtet, verliert Energie, dasjenige an dem die Arbeit verrichtet wird, gewinnt Energie. Die Begriffe Arbeit (W) und Energie (E) sind synonym. Wenn eine Kraft in eine Richtung auf ein System wirkt, dann wird an diesem System eine Arbeit verrichtet.Diesem System wird somit Energie (E) zugeführt.

Für unser Beispiel hiesse das, für die Erzeugung von negativem Druck muss Energie aufgewandt und Arbeit verrichtet werden. Nicht anders sieht es bei der negativen Gravitation aus. Und damit sind wir mitten in unserem Problem. Negative Gravitation bedeutet antigravitative, also abstossende Wirkung. Diese manifestiert sich, wie wir gesehen haben, seit ca. 7 Milliarden Jahren in einer beschleunigten Ausdehnung des Universums. Nicht anders als bei der Dehnung einer Metallspirale muss hierzu Arbeit verrichtet werden, wozu eine Kraft erforderlich ist. Und wo kommt diese her? Richtig, von nichts anderem als der Dunklen Energie! Diese ist integraler Bestandteil der überall –zunächst im Quantenbereich- entstehenden Raumzeit. Die Dunkle Energie erzwingt also die absolut erforderliche Ausdehnung des Raums, um „Platz“ für die kontinuierlich und überall entstehenden kleinsten Raumeinheiten („Raumatome“, vgl. https://cosmoblog.space/dunkle-energie-teil-2-eigenschaften-und-wirkung/) zu schaffen.

Wir haben bereits besprochen (vgl. https://cosmoblog.space/dunkle-energie-teil-3/), dass Einstein’s kosmologische Konstante die Dunkle Energie z.Z. am besten beschreibt und dass es sich hierbei um die ebenfalls dort besprochene Vakuumenergie handelt. Die Vakuumenergie  krümmt wie jede Energie (oder Materie) die Raumzeit, allerdings anders als Materie und Energie im Weltraum. Letzteres wird als positive Krümmung bezeichnet und führt, bzw. ist die Gravitation. Vakuumenergie führt hingegen zu einer negativen Krümmung der Raumzeit und damit zu einem antigravitativen, also abstossenden Effekt.

Ein zweiter Blick ins Vakuum und seiner Energie

Sehen wir uns hierzu nochmals, detaillierter, die Eigenschaften des Vakuums an. Die Quantentheorie lehrt uns, dass das Vakuum nicht leer sein kann (eine Folge der Heisenberg‘ schen Unschärferelation). Danach sind im Quantenbereich alle Grössen verschieden von Null. Das gilt gleichermassen für alle Felder und Teilchen. Zwischen ihnen besteht nach Einstein (E = mc2 !) kein Unterschied. Der Quantenbereich „brodelt“ also. Energie und Teilchen werden unaufhörlich erzeugt und vernichtet. Dies steckt hinter dem Begriff „Quantenfluktuation“. Die Erzeugung von Teilchen erfolgt paarweise (Teilchen und das jeweilige Antiteilchen), sonst könnten sie sich nicht wieder vernichten. Diese Vernichtung erfolgt „augenblicklich“, was ein Euphemismus für die Tatsache ist, dass diese winzigsten Zeiträume praktisch unmessbar sind. Diese Vernichtung führt dem Vakuum die für die Teilchenerzeugung notwendige Energie wieder zu.

Die Masseteilchen müssen eine in ihrer „Masse“ gespeicherte positive Energie aufweisen. Daraus folgen zwei Dinge: das Vakuum muss also eine – den Vorgang der Teilchenerzeugung ermöglichende –  Energie enthalten und diese Energie muss negativ sein, um den vorherigen Zustand wieder herzustellen und die Bilanz auszugleichen.

Das Vakuum enthält per se einen erheblichen Inhalt an Energie. Diese kann als „Nullenergie“ des Vakuums bezeichnet werden und stellt einen stabilen Zustand dar. Dies ist nicht zu verwechseln mit der – falschen –  Aussage, dass die Energie des Vakuums gleich Null ist! Da die Teilchenerzeugung bei der Quantenfluktuation dem Vakuum auf Kosten der Nullenergie, kurzzeitig Energie entzieht, muss diese weniger als Null betragen, also negativ werden. Die positive Energiemenge der Teilchenerzeugung (Quantenfluktuation) entspricht exakt der negativen Energiemenge des Vakuums. Die Summe der beiden Energiemengen ist genau Null. Vergessen wir dabei nicht, dass hier die Vakuumenergie mit Einsten’s kosmologischer Konstante Ʌ, also mit Dunkler Energie gleichgesetzt wird.

Nach dem oben Gesagten verrichtet sie darüber hinaus Arbeit am bestehenden System Raum, nämlich dessen kontinuierliche Expansion und müsste daher auch hierbei abnehmen. Der durch die Ausdehnung vergrösserte Raum speichert jedoch die aufgewandte Energie. Damit bleibt auch die Gesamtenergie des Systems Raum offenbar erhalten. Der Energieerhaltungssatz wäre nicht verletzt.

Fazit Dunkle Energie

Damit beende ich das in fünf blogposts behandelte Thema  „Dunkle Energie“, ein Thema das aufgrund der vielen besprochenen Unsicherheiten durchaus verwirren kann. Was haben wir nun ausser diesen Unsicherheiten, die ein Motor für verstärkte Kreativität sein werden, gelernt?

  • Zunächst: dass Dunkle Energie eine Realität ist und dass sie mehr als 2/3 des Universums ausmacht
  • Dass Einstein’s 100 Jahre alte Kosmologische Konstante Ʌ die bisher bekannten Eigenschaften der Dunklen Energie in sich schlüssig beschreiben kann, allerdings mit dem gegenteiligen Vorzeichen: die Vakuumenergie ist eine negative, abstossende, Energie
  • Dass eine sich mit grossen Entfernungen bzw. innerhalb grosser Zeiträume ändernde Dunkle Energie namens Quintessenz noch nicht ausgeschlossen werden kann
  • Dass die Dunkle Energie eine antigravitative Kraft darstellt , die die beschleunigte Expansion des Universums treibt
  • Dass sie höchst wahrscheinlich identisch ist mit der Vakuumenergie des Raums bzw. Universums
  • Dass sie kontinuierlich überall zusammen mit neuer Raumzeit zunächst im Planck Massstab („Raumatome) entsteht und eine negative Krümmung des Raums bewirkt
  • Dass ungeklärt ist, ob sie damit den als unumstössliches Dogma betrachteten „Energieerhaltungssatz“ verletzt, weil dafür als auch dagegen bedenkenswerte Argumente existieren

 

 

Headerbild: Spinnenetzstruktur des Universums; Würfel mit Kantenlänge 1 Milliarde Lichtjahre; Bolshoi Simulation. Credit: NASA, ESA and E. Hallman, University of Colorado; Boulder

Beitragsbild: Λ die Kosmologische Konstante = Dunkle Energie

Credit: Spektrum Verlag: Lexikon der Astronomie; spektrum.de

 

Verantwortlich: Peter H. Jacobi (Autor von „Cosmoblog. Kosmologie: Über die Grundlagen zur Spitzenforschung von heute und morgen“; K.Fischer Verlag, September 2017)

 

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