Gravitationswellen, Teil 2: LIGO Observatorium

Gravitationswellen, Teil 2: LIGO Observatorium

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Die LIGO Anordnung darf ohne Übertreibung als eine der genialsten Ingenieursleistungen der Menschheitsgeschichte angesehen werden. Wie oben besprochen, führen Gravitationswellen abwechselnd zu einer Stauchung und Dehnung der Raumzeit. Damit ändern sich natürlich auch – äusserst kurzzeitig- die geometrischen Abstände im betroffenen Raumsegment. D.h. ein gegebener Abstand zwischen 2 Punkten A und B wird abwechselnd verkürzt und verlängert so lange die Gravitationswelle das entsprechende Raumsegment passiert, was nur einen kaum messbaren, minimalen Augenblick dauert. Genau diese Abstandsänderungen misst die LIGO Anordnung auf äusserst raffinierte Weise. Da es sich um winzigste Abstandsänderungen handelt, muss das LIGO Observatorium mit unglaublicher Empfindlichkeit zu messen in der Lage sein, was gleichzeitig bedeutet, dass die gesamte Anordnung mit noch nicht dagewesenem Aufwand vor äusseren Störeinflüssen abgeschirmt werden muss. Dies war trotz bereits Jahrzehnte währender Anstrengungen nicht gelungen – bis jetzt.

Die Grössenordnung der zu messenden Abstandsänderungen liegt bei einer Strecke, die mehr als 1000 Mal kleiner ist als der Durchmesser eines Protons (ca. 10-13cm), also etwa 10-16cm, was einem Atto-Meter entspricht.

 

Die LIGO Anordnung besteht aus 2 sehr ähnlichen kilometergrossen „Ensembles“, die 3000 km auseinanderliegen – eines in Hanford im Pazifikstaat Washington und das andere in Livingstone im Bundesstaat Louisiana. Es handelt sich jeweils um 2 senkrecht zueinander liegende, evakuierte Röhren von jeweils 4 km Länge. Durch diese wird ein Laserstrahl geschickt, der am Ende der 1. Röhre so geteilt wird, dass eine Hälfte um 90° in die 2. Röhre abgelenkt wird. An den Enden der Röhren werden die Strahlen reflektiert. Auf diese Weise durchlaufen sie den Strahlteiler ein 2. Mal und werden dadurch auf einen Detektor abgelenkt. Dieser enthält entsprechend empfindliche Fotozellen.Die aus beiden Röhren reflektierten Strahlen -genauer Wellenzüge- treffen am Detektor zusammen und überlagern sich (Interferenz). Die Abstände vom jeweiligen Spiegel zum Detektor sind nun so kalibriert, dass sie sich um eine halbe Wellenlänge unterscheiden. Dieser exakte Phasenunterschied führt nun dazu, dass bei der Überlagerung ein Wellenberg der einen Welle auf ein Wellental der anderen trifft. Dies bedeutet, dass sich die beiden interferierenden Wellenzüge exakt auslöschen: Die Fotozellen des Detektors nehmen kein Lichtsignal wahr.

 

Durchquert nun eine Gravitationswelle diese Anordnung, was grössenordnungsmässig nur eine Sekunde dauert, führen die winzigen Stauchungen bzw. Dehnungen des Raums selbst dazu, dass sich die hochkalibrierten Abstände ändern, womit sich die interferierenden Strahlen nicht mehr gegenseitig auslöschen. Die Fotozellen empfangen ein Lichtsignal aus dessen Stärke und Dauer sich alle Informationen bestimmen lassen, die danach um die Welt gehen! Das sind u.a die Ursache der Gravitationswellen – z.B. ob es sich um die Verschmelzung zweier schwarzer Löcher oder zweier Neutronensterne handelt -, die Entfernung und damit das Alter des Vorgangs, die Grösse der beteiligten Massen, um nur die wichtigsten zu nennen.

Die beiden 3000 km entfernten LIGO Observatorien empfangen das identische Signal nur wenige MIllisekunden versetzt. Was mit dieser Anordnung (noch) nicht bestimmt werden kann ist die Lokalisation dieses gewaltigen Ereignisses. Dazu bedarf es einer dritten Messanordnung, wodurch zur ungefähren Ortsbestimmung das Werkzeug der guten, alten geometrischen Triangulation eingesetzt werden kann

 

Auftritt VIRGO. Dies ist ein dem amertikanischen LIGO System ähnlicher Detektor des Europäischen Gravitationsobservatoriums bei Pisa in Italien. Dieser Detektor wurde kürzlich aufgerüstet zum „Advanced Virgo Detector“, was ihn in die Lage vesetzt, Gravitationswellen zeitgleich mit den beiden amerikanischen LIGO’s zu beobachten.

Mit 3 Beobachtungspunkten kann man durch das Triangulationsverfahren die ungefähre Lokalisation des beobachteten Ereignisses im Raum bestimmen.

Dazu muss man nur die Entfernung zwischen den 3 Basispunkten kennen sowie die Winkel, die sie in einem gemeinsamen Dreieck bilden (ich gehe hier nicht auf die etwas komplizierteren Unterschiede zwischen zweidimensionaler und dreidimensioaler Triangulation ein). Dann lässt sich aus der Kombination der Laufzeit Unterschiede die Richtung des Gravitationswellen-Ereignisses wesentlich genauer bestimmen als mit nur den 2 Detektoren in den U.S.A.

Am 1. August 2017 war es soweit, dass Virgo gemeinsam mit den beiden amerikanischen LIGO-Observatorien betrieben werden konnte. Auch hier liess ein Gravitationswellen -Ereignis nicht lange auf sich warten. Am 14. August 2017 registrierten alle 3 Observatorien gleichzeitig das Signal „GW 170814“. Zuerst erreichte es den Detektor in Livingstone, Louisiana, 8 Millisekunden später den in Hanford (Washington State) und nochmal 6 Millisekunden später den Virgo Detektor bei Pisa. Es konnte mit Hilfe der Triangulation am Südhimmel an der Grenze zwischen den Konstellationen Horologium und Eridanus in etwa 1,8 Milliarden Lichtjahren Entfernung lokalisiert werden.

Auch hier handelt es sich um die Verschmelzung zweier schwarzer Löcher von 31 bzw. 25 Sonnenmassen.Das Ergebnis wurde am 27. September 2017 nach -wie immer- sorgfältigster Analyse- bekannt gegeben. Dies war eine knappe Woche vor Bekanntgabe des Physik Nobelpreises (böse Zungen behaupten eben deshalb). GW 170814 wurde nicht spezifisch bei der Preisvergabe berücksichtigt – ebensowenig wie etwa 1000 weitere Autoren dieser gigantischen internationalen Kooperation.

 

Headerbild: Spinnenetzstruktur des Universums; Würfel mit Kantenlänge 1 Milliarde Lichtjahre; Bolshoi Simulation. Credit: NASA, ESA and E. Hallman, University of Colorado; Boulder

Beitragsbild: LIGO Observatorium, Hanford, Washington, Credit: aerial 02, LIGO Lab. Gary White

 

Verantwortlich: Peter H. Jacobi (Autor von „Cosmoblog. Kosmologie: Über die Grundlagen zur Spitzenforschung von heute und morgen“; K.Fischer Verlag September 2017),

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